BILDVERORTUNG
Mit meiner Bildverortung begebe ich mich in die Tiefen des Bodens unter meinen Füßen und erforsche dessen Farben und Beschaffenheiten. Die daraus hergestellten Pigmente versehe ich in meinen Malereien mit GPS-Koordinaten, sodass die Substanzen zugeordnet werden können. Heimat wird sichtbar gemacht als Erde und Substanz, auf der wir leben, die uns nährt und prägt. Auf diese Weise erarbeite ich eine mehrteilige Serie mit Hausfarben auf Papier.
21.9.20, Katzengold- und gelber Ockersteinbruch – Extertal/Lippe
52°06’23.2704“N, 9°05’41.4593“E
* Auf einer gerölligen Felskante in der Abbruchwand genieße ich diesen herrlichen Moment, das güldene Licht hier ist einfach genial, das gold-gelbe Ockergestein passt hervorragend zur Herbstsonne, ich bade im Gold. Die Autos rasen vorbei, der Hahn kräht, die Sonne lacht. Das Grau der angrenzenden Kalkstein-Wacke ist eine wunderbare, fast komplementäre farbliche Ergänzung zum goldigen Ockergestein – grandios!
(*aus meinem Stipendiumstagebuch)
Ausgestattet mit Klappspaten, Eimer und Wanderschuhen mache ich mich bei schönem Spätsommerwetter immer wieder auf, Erden und Mineralien in meiner näheren Umgebung zu suchen und zu sammeln. Obwohl ich mich nicht wirklich weit von meinem Wohnort entfernte, finde ich doch eine Vielfalt von Farben und Steinen.
22.9.20, roter Sandsteinbruch Herbram
51°40’5.8314“N, 8°55’45.8245“E
* Dieser Steinbruch ist total zugewachsen mit Brennnesseln, man kann kaum zu den Felsen vordringen, ohne sich die Beine zu verbrennen. Der falunrote Stein geht farblich eine komplementäre Symbiose mit dem kräftigen Grün der Brennnesseln ein, schön anzusehen aber leider kein Ort, der zum Verweilen einlädt.
Bei der Konzipierung dieses Projekts denke ich noch, dass ich Hilfe von Umweltamt und Touristik der Regionen benötigen würde, um entsprechende Fundstellen für mein Vorhaben zu finden, doch ist das überraschenderweise gar nicht nötig, ist doch mittlerweile ein ausführliches Karten- und Informationsmaterial online allzeit verfügbar.
23.9.20, Anröchter Dolomit
* Dieses tolle Wetter muss ich nutzen! Aber staubig ist es mittlerweile – sehr, sehr staubig! Es hat wochenlang nicht geregnet … und dann dieser riesige Steinbruch … umwerfend und atemberaubend ist es, einen Bruch zu sehen, in welchem aktiv abgebaut wird. Die dicken LKW wirken wie Miniaturen vor der monumentalen Kulisse in vergrautem Grün-Blau-Ocker …
51°34’17.0854“N, 8°20’13.0963“E
2.11.20, Lamerder Muschelkalk
51°30’44.1“N, 9°18’31.9“E
* Wandern in herrlichster Herbstsonne auf dem Schmetterlingssteig zum Diemeltal, gelegen an der Grenze zwischen NRW und Hessen. Über Kalkmagerrasen und Wacholderhainen geht es auf den Boden eines ehemaligen subtropischen Muschelkalkmeeres durch Buchenwälder zur Diemelaue – unberührte Orte, einsam und verlassen. Zu Beginn des Erdmittelalters lag das heutige Mitteleuropa in einer riesigen Senke (Germanisches Becken) und war von einem flachen, subtropischen Binnenmeer überflutet. Und hier finde ich auch den Muschelkalk, von dem ich mir ein bisschen in meinen kleinen Eimer schüppe.
Folgende Pigmente werden von mir im Herbst/Winter 2020/21verortet:
- Atelier: 51°51’59.8“ N, 9°05’27.8“E
- Ockersteinbruch Extertal: 52°06’23.2704“N, 9°05’41.4593“E
- Sandsteinbruch Herbram: 51°40’5.8314“N, 8°55’45.8245“E
- Kalksteinbruch Grundsteinheim: 51°39’22.0439“N, 8°53’5.1688“E
- Anröchter Dolomit: 51°34’17.0854“N, 8°20’13.0963“E
- Muschelkalk Lamerde: 51°30’44.1“N, 9°18’31.9“E
- Steinheimer Bördeland: 51°51’11.5175“N, 9°02’10.2722“E
- Bad Driburger Schwefelmoor: 51°44’18.3“N, 9°02’04.1E
- Lehmkuhle Steinheim: 51°52’31.5“N, 9°03’56.9“E
MEINE BILDER LASSEN ORTE SICHTBAR WERDEN,
DENN MATERIALIEN HABEN EIN HERKUNFT UND DAMIT EINEN ORT!
Im Atelier habe ich dann den Winter über aus den gesammelten Steinen Pigmente hergestellt und diese zu Farben in meinen Bildern verarbeitet.
Daraus sind 2 kleine Serien entstanden:
BILDVERORTUNG Serie 1 eine 4-teilige Serie mit verschiedenen, verorteten Pigmenten (4 Erdaquarelle auf Baumwollbütte, je 65 x 95 cm)
BILDVERORTUNG Serie 2 eine 8-teilige Serie, welche die verorteten Mineralien in ihrer Schönheit pur zeigen (8 Steinaquarelle auf Papier, je 50 x 70 cm)
Insgesamt beschäftige ich mich von September 2020 – März 2021mit der Bildverortung.
* Atelier, 28.1.21
Es tut einfach sooo gut, viel Zeit im Atelier verbringen zu können!!! Eigentlich ist es total egal, ob ich male oder Farbenleim rühre, aber dass ich mich überhaupt wieder einmal so intensiv in meine Atelierarbeit/Mallabor vertiefen kann, das empfinde ich als echtes, beglückendes Geschenk und verspüre eine tiefe Dankbarkeit für dieses Stipendium. Und das ist ein echter Ansporn!
NATÜRLICHE KRÄFTE WERDEN IN KÜNSTLICHEN ZUSAMMENHÄNGEN SICHTBAR!
Durch die Ausstellungen meiner Werke wird unsere Erde sichtbar: Eine lebendige Substanz, auf der wir leben, die uns nährt und prägt.
Ein achtsamer Umgang mit ihr lässt uns hoffentlich umweltfreundlicher und rücksichtsvoller handeln und die Bereitschaft wachsen, uns in unserer luxuriösen, verschwenderischen Lebensweise einzuschränken.
Meine Bildverortung wurde im Rahmen eines Auf geht’s Stipendiums vom Land NRW gefördert